Widersprüche in der Klimapolitik

Gebäudesanierung - Verkehrswende - Konsumrausch

Unter der Überschrift "Verbot neuer Ölheizungen ab 2024 geplant" berichtete die Tagesschau bereits am 28.02.2023 über einen Gesetzesentwurf zum schrittweisen Verbot von Gas- und Ölheizungen ab 2024. Die Diskussion darüber reißt nicht ab.

Es ist ja schön, dass sich die FDP dafür einsetzt, dass die Hauseigentümer nicht überfordert werden, Hals über Kopf ihre Heizung zu ersetzen. Auch hat Lindner als Finanzminister große Schwierigkeiten, Haushaltsmittel für die von Habeck angekündigten staatlichen Hilfen zur Verfügung zu stellen. Schon deshalb ist es angebracht, über die Zusammenhänge noch einmal in Ruhe nachzudenken.

Auch ich bin nicht dafür, mit hohem Druck eine Renovierungswelle auszulösen, die die Eigentümer der Bestandsbauten, das Handwerk und die Lieferketten überfordert. Woher soll denn das notwendige Kapital kommen, die immensen Kosten zu stemmen? Über die angekündigten staatlichen Hilfen ist jetzt der Haushaltsstreit entbrannt.

Bereits am 30.07.2022 habe ich einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung aufgegriffen, in dem gefordert wird, Verzicht zu lernen. Nicht auf alles kann verzichtet werden; es gibt Grenzen. Aber ein Ende des konsumorientierten Wohlstands ist in Sicht.

Am 04.03.2023 habe ich die Verkehrspolitik der FDP beleuchtet und gemeint, sie verfolge eine falsch verstandene Freiheit. Zwar hat das große Bedürfnis nach individueller Mobilität gerade der deutschen Automobilindustrie zu großer Wirtschaftskraft verholfen, wir sehen aber doch auch, wohin das inzwischen geführt hat. Und die Masse der Lieferverkehre auf der Straße hat die Infrastruktur beschädigt.

Auch mit dem Massentourismus und seinen Folgen habe ich mich beschäftigt. Nachdem die Corona-Welle abgeebbt ist, boomen wieder die Flugreisen. In den Printmedien wird auf ganzseitigen Anzeigen für Schiffsreisen und Touren mit dem Reisebus geworben. Der Wert der selbst geplanten Individualreise ist dabei untergegangen.

Ich halte es für angebracht, all diese Themen einmal in einer Gesamtsicht zu beleuchten und auf Widersprüche abzuklopfen.

Sollte der Staat wirklich mit aller Macht, den Wohnsektor, der unbestritten einen beachtlichen Teil zum Klimawandel beiträgt, zu kurzfristigen Maßnahmen zwingen? Bauen ist ein langfristiges Projekt. Neubauten mit neuer, sparsamerer Heizungstechnik auszustatten, lässt sich leichter planen und umsetzten. Ältere und ganz alte Häuser zu modernisieren, ist oft gar nicht machbar, oder treibt die Kosten so in die Höhe, dass das Wohnen unbezahlbar wird. Dabei wird doch immer wieder preiswerter Wohnraum gefordert.

Wohnen ist ein Grundrecht, dessen Realisierung angesichts des knappen Bodens immer schwieriger wird zu erfüllen. Muss das jetzt noch durch technische Auflagen drastisch verschlimmert werden?

Die anderen oben aufgelisteten Themen provozieren doch geradezu die Frage, ob es nicht andere Bereiche unseres Lebens gibt, die eher geeignet sind, schädliche Energieverschwendung schnell zu vermeiden.

Ich habe den Eindruck, dass von der Politik Maßnahmen zum Schutz des Klimas nur dann angestoßen werden, wenn irgend ein Geschäft damit zu verbinden ist.

Der simple Vorschlag, einfach auf bestimmte Formen des Konsums zu verzichten, fällt den so besorgten Abgeordneten offensichtlich schwer. Oder er wird lächerlich gemacht: Waschlappen statt Dusche.

Dabei würde man doch durch Konsumverzicht Geld sparen, das dann eingesetzt werden kann, auch Langfristprojekte zum Klimaschutz mit Ruhe zu planen und dann umzusetzen, ohne eine Überhitzung der Märkte auszulösen.

Wer schafft es, die Spannweite dieser Aspekte auszuleuchten und Vorschläge zu unterbreiten, deren Rangfolge mit den zur Verfügung stehenden Mitteln in Einklang gebracht werden kann?

20.03.2023


Bericht des Weltklimarats vorgelegt:
"Die Klima-Zeitbombe tickt"

Damit wird deutlich, wie dringend es ist, endlich zu handeln. Aber gerade weil es einer Fülle von Maßnahmen bedarf, die nicht alle auf einmal zu stemmen sind, ist es wichtig, sich schon einmal auf diejenigen zu einigen, die man durch Verzicht leicht schaffen kann. An meinen vorstehenden Ausführungen halte ich deshalb fest; ich fühle mich sogar in meiner Forderung bestärkt, eine Rangliste aufzustellen, die schnell wirkende Maßnahmen vorzieht.

Es wird nicht gelingen, den Luxus unserer Konsum- und Wegwerfgesellschaft mit teuren, technisch aufwändigen
Lösungen zu erhalten.

Wenn wir jetzt nicht Verzicht üben, werden unsere Nachkommen nichts mehr haben!

20.03.2023

Nachtrag vom 27.03.2023:

In der Diskussionsrunde bei Anne Will "Schluss mit Gas, Öl, Diesel und Benzin – Hat die Ampel dafür einen Plan?" ist gestern darauf hingewiesen worden, dass im Bausektor bereits erhebliche Einsparungen an CO2 erreicht worden sind, während der Ausstoß im Verkehrssektor im gleichen Zeitraum noch gestiegen ist. Das zeigt doch, welche Widersprüche in der Diskussion bestehen und welche Probleme vorrangig anzupacken sind. - Eben auch, wenn es die Philosophie des Autolandes Deutschland hart trifft.


Übrigens; warum wird nicht endlich mal das Flugbenzin besteuert,
um dem Massentourismus und seinen Folgen zu begegnen?

Dazu jetzt ein hervorrangender Kommentar der Rheinischen Post:
"Fliegen muss viel teurer werden"


Widersprüche auch weltweit

Neben den auf dieser Seite beschriebenen Widersprüchen der deutschen Klimaschutzpolitik, ist auch auf weltweite Widersprüche hinzuweisen. Wenn in den letzten Tagen und Stunden über diverse Raketenstarts berichtet wird und Bilder von dem immensen Feuerstrahl gezeigt werden, der erforderlich ist, die Raketen in den Orbit zu transportieren, stellt sich die Frage: Wieviel Energie wird dabei verschwendet?

Bei allen Erkenntnissen und Errungenschaften, die uns die Raumfahrt gebracht hat, bleibt doch zweifelhaft, in welchem Verhältnis diese zu den Folgen stehen. Schließlich wird mit jedem Start eine Riesenwolke aus klimaschädlichen Gasen direkt in die Atmosphäre transportiert.

Mir war diese Frage Anlass, einmal zu recherchieren, wieviele Starts tatsächlich durchgeführt werden. Auf Wikipedia habe ich dazu eine Liste von geplanten orbitalen Raketenstarts gefunden, weit mehr als regelmäßig in den Nachrichten auftauchen.

Für alles gibt es sicher eine gute Begründung. Ist diese aber auch tragfähig, wenn es um das Überleben der Menschheit geht? Eine Erkenntnis hat die Raumfahrt doch schon ganz sicher gebracht: Es gibt keinen Ersatzplaneten in für die Menschheit erreichbarer Nähe. Wir sind und bleiben darauf angewiesen, unsere Lebensbedingungen auf dieser Erde zu sichern. Von Utopie können wir nicht leben.

17.04.2023


Heizungstausch auf dem Weg

19.04.2023 - Rheinische Post:
"Bundesregierung winkt umstrittene Pläne zum Heizungstausch durch"

Zitate aus dem Bericht:

"Von der Opposition und Immobilienverbänden kommt scharfe Kritik, selbst innerhalb der Koalition geht der Streit weiter. Trotzdem hat das Bundeskabinett am Mittwoch die umstrittenen Pläne zum Heizungstausch beschlossen."

"Eine sofortige Austauschpflicht für Heizungen in Bestandsgebäuden gibt es nicht."

"Habeck sagte mit Blick auf ein geplantes neues Fördersystem mit 'Klimaboni', es habe in der Koalition keine Verständigung auf eine Einkommensprüfung bei Förderungen gegeben. 'Zwischen Normalverdienern und Villenbesitzern wird kein Unterschied gemacht.'"

"Die FDP sieht indes erheblichen Nachbesserungsbedarf am Gesetzentwurf. In einer Protokollerklärung zum Kabinettsbeschluss forderte Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner eine „praxistaugliche und finanzierbare“ Umsetzung des Grundsatzes der Technologieoffenheit."

Da fällt einem nur ein alter Karnevalsschlager ein: "Wer soll das bezahlen? Wer hat soviel Geld?"

Natürlich haben wir viel zu lange auf fossile Brennstoffe gesetzt. Aber im Hauruck-Verfahren ist das auch nicht zu ändern. Auf meine vorstehende Wertung weise ich hin.

Wenn ausgerechnet Lindner Nachbesserungen fordert, ist das für den Finanzminister zwingend. Aber warum schlägt er nicht selbst vergleichbare Umbaumaßnahmen für den Verkehrssektor vor? Da könnte man doch endlich das Tempolimit einführen und zugleich zur Unterstüzung dieser Maßnahme die Neuzulassung von PKW auf eine Motorleistung von 100 PS beschränken, bei Motorrädern auf 20 PS. Aufschrei dazu erwarte ich, aber dann verteilt sich der Frust wenigstens auf alle Bereiche des Energieverbrauchs.

Was ist wichtiger:
Warme Hütte oder schneller Porsche?

Wenn die FDP glaubt, das Klima durch den Emissionshandel retten zu können, führt das doch nur dazu, dass sich der Geldadel klimaschädlichen Luxus weiter leisten kann, während breite Bevölkerungsschichten nicht mehr wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt finanzieren können. Die Schere wird dadurch nur größer. Vergl. dazu meine Fragen nach Gerechtigkeit.

Zuletzt überarbeitet am 22.04.2023


Mangelhaftes Demokratieverständnis der Liberalen

23.05.2023 - Rheinische Post:
"Ampel zerlegt sich im Streit um Heizungsgesetz"

Zitate aus dem Bericht:

"Weil es keine Verständigung mit der FDP gab, befasst sich der Bundestag in dieser Sitzungswoche nicht mit dem Entwurf."

Zu dem vorstehend verlinkten Bericht der RP habe ich im Leserforum diesen Kommentar vermerkt:

Ich habe gelernt, dass über Gesetze im Parlament entschieden wird. Diese Einrichtung unserer Verfassung nennt sich auch deshalb so, weil dort über die Probleme geredet - und entschieden - werden soll. Einen von der Regierung vorgelegten Entwurf nun nicht auf die Tagesordnung zu setzen und außerhalb des Palaments zu zerpflücken, entspricht nicht mehr meinem Demokratieverstädnis.

Das hat eine Diskussion um Fragen von Fraktionszwang und Lobbyismus ausgelöst. Bitte lesen Sie dort.

Das Verhalten der FDP widerspricht sämlichen parlamentarischen Sitten. Es ist der Gipfel einer totalen Weigerung, das Klimaproblem ernst zu nehmen. Natürlich gibt es Probleme bei der Umsetzung der Energiewende. Diese müssen aber im Parlament diskutiert werden. Und Politiker aller Parteien müssen sich zum Klimaschutz als Schutz unserer Lebensgrundlagen bekennen. Nur so kann man die Bürger mitnehmen.

Am meisten ärgert es mich, dass die FDP sich weigert, den zweiten Sektor der Energieverschwendung anzupacken. Sie hat sich um das Verkehrsministerium gerissen. Statt mit der Einführung eines Tempolimits schon einmal ein Zeichen des Verstehens zu senden, will sie die Autobahnen noch weiter ausbauen. Dabei macht sie noch nicht einmal irgendwelche signifikanten Anstalten, die bestehende Verkehrsinfrastuktur zu ertüchtigen und den Schwerlastverkehr zu unterbinden. Sie geht einfach davon aus, sein weiteres Wachsen wäre ein Naturgesetz.

In den letzten Tagen tobten Umwetter über Westfalen und Lippe. Wann werden diese Zeichen endlich verstanden? Vergl. dazu meine Anmerkung zu den Tornados in NRW vor einem Jahr.

Natürlich müssen auch am Gebäudebestand klimaschondende Maßnahmen ergriffen werden. Aber die Weigerung, darüber im Parlament zu diskutieren und dort sachorientierte Lösungen zu finden, ist einfach nur unterste Schublade des Wahlkampfes, solange man nicht bereit ist, die einfachsten Maßnahmen zu ergreifen, für die der FDP-Verkehrsminister die Zuständigkeit hat. Das Tempolimit wäre nicht nur ein deutliches Signal, verstanden zu haben, es würde auch CO2 und Geld einsparen! Geld, das alle so dringed brauchen, um die notwendigen Maßnahmen am Gebäudebestand zu finanzieren.

Ach ja; die Finanzierung all der notwendigen Klimaschutzmaßnahmen!

Nach meiner Erinnerung wollte Lindner doch sein neues Amt als "Ermöglichungsminister" verstanden wissen. Aber er versteht noch nicht einmal die Broschüren seines eigenen Hauses, die darlegen, wo die Tücken unserer Abgabebelastung im internationalen Vergleich 2021 liegen.

Die FDP, für die ich einmal aktiv in der Politik eingetreten bin, hat sich - von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen - zu einem Haufen egoistischer Wirrköpfe entwickelt, die jeden Kompass verloren haben.

Übrigens, es könnte sicher zur Versachlichung der Diskussion beitragen, wenn man den Gesetzentwurf erst einmal selbst liest. Der ist zwar sehr umfangreich, es dürfte aber für die eigene Meinungsbildung sicher reichen, nur die Einleitung zu lesen. Die Details kann man sicher vernachlässigen. Hier finden Sie


Bei der Nachrichtenlektüre gefunden:

"Schon heute verursachen alle motorisierten Verkehrsträger zusammen 23 Prozent aller menschengemachten CO2-Emissionen."

"Statt sich von den Hochrechnungen des heutigen Verkehrsaufkommens auf die Zukunft leiten zu lassen, sollten Verkehrspolitiker zurück aus der Zukunft denken, also von den Klimazielen her. Im Bundesverkehrsministerium (BMDV) hat dieser Perspektivenwechsel noch nicht stattgefunden."

Quelle: Süddeutsche Zeitung: "Verkehr in Deutschland: Reformstau"

Ein Artikel, der sich - gestützt auf eine Studie des Internationalen Transport Forums (ITF) - intensiv mit den Problemen wachsender Mobilität beschäftigt. Um dem Klimaschutz gerecht zu werden, hilft nur ein deutlicher Verzicht.

25.05.2023


Eine Meldung im Radio hat mich stutzig gemacht und zum Suchen veranlasst:

"Einen Ansatzpunkt für die Energie- und Wärmewende sieht Landsberg [ vom Städte- und Gemeindebund ] in den Kommunen. Er rief dazu auf, diese mit ihren 180.000 Gebäuden – Schulen, Kitas, Sporthallen und Rathäuser – ins Zentrum der Überlegungen zu rücken. 'Über 165.000 Liegenschaften werden derzeit noch mit Gas oder Öl beheizt', erinnerte er. 'Wer hier ansetzt, erreicht in kurzer Zeit viel für das Klima.'"

Quelle: Berliner Morgenpost:
"Gemeindebund warnt vor Scheitern von Energie- und Wärmewende"

In der Tat: Warum sollen die Bürger den Vorreiter spielen?

28.05.2023


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