Solidaritätszuschlag

Wie lange noch?

Jetzt ist wieder eine heiße Diskussion entbrannt um ein altes Thema:

Die Politik steckt in einem Dilemma: Die Anforderungen an den Staat werden immer umfassender; dazu bedarf es einer gesicherten Finanzierung, die zutreffend nicht mehr auf Verschuldung aufgebaut werden soll. Andererseits fühlen sich die Bürger von der Steuerlast erdrosselt.

In meinem Artikel Einkommensteuertarif - Kalte Progression habe ich bereits kürzlich darauf verwiesen, welche Schritte aus meiner Sicht erforderlich sind, um Raum für eine Steuerreform zu schaffen, die bei den Bürgern ankommt:

Die Politik muss sich endlich eine Rundumerneuerung ihrer Finanzphilosophie gönnen. Der Staat kann sich nicht mehr um alles kümmern, was der Bürger für sein Wohlgefühl benötigt. Die staatlichen Stellen, ob Bund, Länder oder Kommunen müssen sich auf die Dinge konzentrieren, die nur durch sie organisiert und finanziert werden können. Alle angebotenen Leistungen, die vom Bürger individuell unterschiedlich in Anspruch genommen werden und konkret gemessen werden können, müssen dem Bürger über sachbezogene Steuern oder Gebühren in Rechnung gestellt werden. Zum Ausgleich können die Steuern auf Einkommen viel stärker nach persönlicher Leistungsfähigkeit gestaffelt werden. Dazu verweise ich auf mein Anfang 2007 entworfenes Reformmodell. Die in diesem Modell enthaltenen Zahlen sind durch Zeitablauf überholt; sie müssen der Einkommensentwicklung angepasst werden. Das Prinzip halte ich aber weiterhin für eine brauchbare Lösung, um den Staat und die Bürger auf ihre jeweils ureigenen Aufgaben zu verweisen und ihnen dafür die finanziellen Mittel an die Hand zu geben.

05.03.2015


08.11.2018 - Rheinische Post: "Wirtschaftsweise für komplettes Soli-Aus"

Zitat aus dem Bericht:

"Der Rat der fünf Wirtschaftsweisen fordert die Bundesregierung auf, den Solidaritätszuschlag nicht nur für 90 Prozent der Steuerzahler, sondern vollständig abzuschaffen. Die Benachteiligung der reichsten zehn Prozent der Steuerzahler sei verfassungsrechtlich nicht haltbar, mache (...)"

Wer bereit ist, sich mit meinen diversen Anmerkugnen zur Steuerpolitik zu beschäftigen, kann schnell erkennen, dass ich für eine Entlastung des Mittelstandes bin, aber für die Belastung der Spitzeneinkommen noch Luft nach oben sehe. Sei es die Anhebung des Spitzensteuersatzes selbst oder die Aufhebung des Deckels bei der Besteuerung der Kapitalerträge. Dazu mein am 11.05.2017 aktualisierter Belastungsvergleich!

Entscheidend ist aber, dass die Regierung endlich eine Steuerreform auf den Weg bringt, die in sich schlüssig, insbesondere aber einfach und gerecht ist.


07.12.2018 - Nachrichtenagentur Reuters:
"DIW-Studie stärkt Scholz: Soli nicht komplett abschaffen"

Zitat aus dem Bericht:

"Würde die schwarz-rote Koalition über die geplante Streichung für 90 Prozent der Bürger hinausgehen, würde das fast nur Besserverdienern nutzen, warnte das DIW am Freitag in einer Studie. Deren Einkommen sei aber in den vergangenen Jahren weitaus stärker gewachsen als von Geringverdienern und der Mittelschicht. 'Insgesamt spricht vieles dafür, Haushalte mit hohen und sehr hohen Einkommen nicht weiter bei der Einkommensteuer zu entlasten'. Der Soli-Zuschlag bei Großverdienern sollte daher erhalten bleiben oder in den Einkommensteuertarif integriert werden."

Die letztgenannte Alternative hatte ich bereits vor Jahren im Arbeitskreis Steuerpolitik vorgeschlagen. Diese Idee wurde auch an Herrn Solms weitergeleitet, von ihm aber nicht aufgegriffen. Stattdessen wurde die "Hotelsteuer" ermäßigt. Für mich war das damals der letzte Anstoß, aus der FDP auszutreten.

Den Vorschlag des DIW kann ich somit voll unterstüzen. Vergleiche auch meine vorstehende Anmerkung vom 08.11.2018.


30.12.2018 - Deutschlandfunk: "Weil (SPD) offen für schnellen Abbau"

Zitat aus dem Bericht:

"Im Gegenzug plädierte Weil für eine maßvolle Anhebung des Spitzensteuersatzes."

SPD - ganz auf meiner Linie!


16.05.2019 - Rheinische Post:
"Soli ist laut Gutachten ab 2020 verfassungswidrig"

Zitat aus dem Bericht:

"Wenn der Gesetzgeber verteilungspolitische Ziele verfolge, müsse er den Einkommensteuertarif ändern. Würde der „Soli“ erhalten und in den Tarif integriert, sei dies verfassungskonform."

Die Argumentation des Verfassungsrechtlers Hans-Jürgen Papier ist überzeugend; ihr sollte möglichst unverzüglich gefolgt werden.

Übrigens: Einen solchen Vorschlag hatte ich bereits für die Arbeiten zur BT-Wahl 2009 im Arbeitskreis Steuern der FDP unterstützt. Dieser war auch als Empfehlung für Koalitionsverhandlungen an Herrn Solms übermittelt worden. Der hatte aber nach der Wahl - dank großzüger Parteispende - nichts besseres zu tun, als die Hotelermäßigung bei der Umsatzssteuer einzuführen. Von einem Abbau des Soli und Umbau des Steuertarifs war nichts mehr zu vernehmen. Das war ein Grund für meinen Parteiaustritt. Unter dem ungerechten Einkommensteuertarif und der kalten Progression leidet noch immer der Mittelstand!

15.06.2019 - Rheinische Post: "Union begräbt Soli-Abschaffung für alle"

Zitat aus dem Bericht:

"Der Solidaritätszuschlag soll 2021 nur für 90 Prozent der Steuerzahler wegfallen, die oberen zehn Prozent sollen ihn weiter bezahlen."

Weiter ein Rückblick:

"Zuletzt hatte CSU-Chef Markus Söder vergangene Woche erklärt, die Teil-Abschaffung sei verfassungswidrig."

Und das ist der Knackpunkt. Statt den Soli komplett abzuschaffen und einen neuen ESt-Tarif zu gestalten, wird mal wieder sehenden Auges verfassungs-rechtlich Fragwürdiges gestaltet! Wie realistisch diese Gefahr ist, siehe Anmerkung vom 16.05.2019


Soli-Abbau gerät zur Politposse

22.08.2019 - Handesblatt.com:
"Steuerzahler klagen gegen Soli-Gesetz – und haben dabei unerwartete Unterstützung"

Zitat aus dem Bericht:

"Sell verweist in der Klageschrift auch auf Aussagen von Scholz, die im Handelsblatt zitiert wurden: 'Wenn es um die komplette Abschaffung des Solis geht, lasse ich gern mit mir reden, solange wir im Gegenzug die Einkommensteuer für die Topverdiener entsprechend erhöhen', hatte Scholz den teilweisen Erhalt des Zuschlags begründet.

In der Klageschrift heißt es: 'Dies bedeutet, dass der Solidaritätszuschlag nach 2020 nicht mehr der Finanzierung eines ohnehin nicht begründeten Sonderbedarfs des Bundes, sondern als zweite Einkommensteuer in Form einer sogenannten weiteren Reichensteuer außerhalb des Einkommensteuertarifs dienen soll.'

Ein 'Form-Missbrauch' des Soli. Der Steuerzahlerbund sieht diese Klage als Pilotprojekt, stellvertretend für alle Steuerzahler. Er will sie bis vor das Verfassungsgericht bringen."

Bereits zu der Meldung vom 16.05.2019 über die Kritik des Verfassungs-rechtlers Papier hatte ich auf den schon viel älteren - und von mir im Arbeitskreis Steuerrecht der FDP unterstützten - Vorschlag hingewiesen, den Soli völlig abzuschaffen und dafür den Spitzensteuersatz im oberen Einkommensbereich zu erhöhen.

Es fällt Politikern offensichtlich unheimlich schwer, sich für die einfache Lösung zu entscheiden!

Wie dringend notwendig der Umbau des Einkommensteuertarifs ist, zeigt noch einmal der von mir bereits vor zwei Jahren aktualisierte Belastungsvergleich!

Und dass da Einsicht bei den Spitzenverdienern vorhanden ist, habe ich heute Vormittag gehört, als sich am Ende einer Diskussionssendung auf WDR5 ein Zuhörer dazu bekannte, zu den Bürgern zu gehören, die angesichts ihres Spitzeneinkommens den Soli auch künftig noch werden zahlen müssen. Er verwies darauf, dass ihn angesichts der Struktur seines Einkommens sowieso nicht die theoretische Spitzenbelastung treffe. Angesichts der hervorragenden wirtschaftlichen Infrastruktur sah er auch keine Probleme, als Spitzenverdiener eine Spitzensteuer zu zahlen.

Wie ich immer wieder dargelegt habe, muss die Tarifänderung aber auch von einer Reform der Unternehmensbesteuerung begleitet werden, damit Unternehmensgewinne, die nicht in die Privatsphäre abfließen und im Unternehmen verbleiben, unabhängig von der Rechtsform gleich behandelt werden.


Ratenweises Aus für Soli

14.11.2019 - Rheinische Post: "Wer profitiert vom Soli-Aus?"

Zitat aus dem Bericht:

"Für die meisten Steuerzahler soll der Solidaritätszuschlag 2021 wegfallen. Doch Spitzenkräfte und Kapitalgesellschaften sollen ihn weiter zahlen."

Jetzt hat sich die Groko entschieden, den Solidaritätszuschlag in Raten abzubauen. Die erste Rate soll erst 2021 greifen.

Andere Gesetze sind mit viel kürzerem Vorlauf in Kraft gesetzt worden. Da hätte man sich jetzt besser mehr Zeit gelassen und über einen neuen ESt-Tarif ab 2021 nachgedacht. Vorschläge dazu hat es schon lange gegeben. Siehe oben

Auch möchte ich hier noch einmal auf meinen Belastungsvergleich verweisen, der deutlich macht, wie dringend eine Überarbeitung des Steuertarifs ist. Die ratenweise Abschaffung des Soli ist da nur eine Krücke.

PS: Für alle Leser, die sich nicht durch die umfassenden Tabellen über die Entlastung arbeiten wollen, hier der Auszug aus der amtlichen Begründung in der Drucksache des Deutschen Bundestages:

Nach geltendem Recht wird der Zuschlag nur erhoben, wenn die tarifliche Einkommensteuer den Betrag von 972 Euro / 1 944 Euro (Einzel- / Zusammenveranlagung) übersteigt.

Diese Freigrenze wird nunmehr auf 16 956 Euro / 33 912 Euro (Einzel- / Zusammenveranlagung) angehoben.


Welcher Bürger mit Normaleinkommen zahlt schon so viel Einkommen-steuer? Die Entlastung erreicht also tatsächlich die meisten Bürger!

Neue Spekulationen?

12.04.2022 - Die Zeit: "Steuergewerkschaft rechnet mit Neuauflage des Soli"

Zitate aus dem Bericht:

"Erst 2021 war der Solidaritätszuschlag für viele Steuerzahler weggefallen. Nun könnte er wegen der Mehrbelastung durch Pandemie und Krieg wieder eingeführt werden."

Wenn in dem Artikel auf eine Stellungnahme von Ministerpräsident Winfried Kretschmann verwiesen wird, nach der immer nur Schulden zu machen, nicht der Weisheit letzter Schluss sei, ist das zwar ein gewichtiges Argument, das auch ich schon unter Finanzierung der Corona-Folgen zum Ausdruck gebracht habe, aber nicht für einen neuen Soli eintrete, mit dem "über kurz oder lang etwa 80 Prozent der Steuerzahler erneut zur Kasse" gebeten werden sollen. Ich hatte vielmer vorgeschlagen, mit einem neuen ESt-Tarifgefüge endlich Jahres-Spitzeneinkommen, die über das 10-fache eines Druchschnittseinkommens oder gar dem Lebenseinkommen eines Durchschnittsverdieners hinausgehen, deutlich höher zu besteuern. Deshalb habe ich auf dieser Homepage mehrfach auf meinen Leserbrief an die Rheinische Post vom 15.01.2022 verwiesen. Auch an den historischen Belastungsvergleich sei erinnert, nach dem die Spitzeneinkommen in der Vergangenheit deutlich entlastet worden sind.

Bei der jetzt aufkommenden Spekulation sollten alle Bürger hellwach werden und deutlich machen, wer nun wirklich starke Schultern hat, die anstehenden Lasten zu tragen, damit die Schwachen entlastet werden können. Das bisher beschlossene Entlastungspaket geht doch an solchen Grundsätzen glatt vorbei!

Im übrigen können Sie auf dieser Seite nachlesen, welche Versuche es in der Vergangenheit bereits gegeben hat, den Soli für Spitzenverdiener in den ESt-Tarif zu integrieren, weil eben die Spitzenbelastung im Laufe der Jahre deutlich gesunken ist. Aber daraus ist ja bekanntermaßen auch nichts geworden.

PS: Inzwischen berichtet auch die Rheinische Post:
Kommt der Soli als Ukraine-Soli zurück?

Die Einleitung zu diesem Bericht macht das Problem deutlich: "Auch in der Ampel-Koalition wären viele für Steuererhöhungen. Die FDP und Finanzminister Lindner stemmen sich dagegen und setzen auf noch mehr neue Schulden."

Was ist das für ein Verständnis den nächsten Generationen gegenüber? Und Herr Eigenthaler ist doch auch FDP-Mitglied; ich habe ihn mal während meiner aktiven politischen Tätigkeit im LFA Finanzen und Steuern der FDP NRW erlebt. Als Vertreter der Steuerbeamten sollte er doch wissen, dass jede Steuer zunächst auch einmal Verwaltungsaufwand bedeutet. Trotz fortgeschrittener Automation in den Lohnbüros und der Finanzverwaltung! Will er im Ernst wieder eine breite Schicht der Bevölkerung mit einer Wiederbelebung des Soli belasten, damit Spitzenverdiener weiterhin geschont werden?

Mich beschleicht inzwischen ein - zugegeben, boshafter - Vergleich.

Soll mit einer Steuererhöhung auf breiter Front die Vermögensverschiebung von unten nach oben beschleunigt werden, damit sich immer mehr Großverdiener und Kapitalisten in die Gruppe der weltweit agierenden Oligarchen einreihen können? Das sollte doch auch die FDP nicht wirklich wollen!

Somit spricht alles für einen beschleunigten Umbau des ESt-Tarifs. Dazu noch einmal die von mir zusammengestellten Zahlen zur Grenzsteuerbelastung.

Und bei der Gesamtbetrachtung des Finanzbedarfs darf auch nicht vergessen werden, dass Deutschland auch eine Verpflichtung hat, weltweit finanzielle Hilfe den Ländern zu gewähren, die unter dem Klimawandel viel stärker leiden als Zentraleuropa. Schließlich sind wir mit unserem Wohlstand auf Kosten der Natur die Verantwortlichen für den Klimawandel.

Diese Seite zuletzt überarbeitet am 14.04.2022


Jetzt nimmt Lindner persönlich Stellung
- und schießt ein Eigentor

16.04.2022 - Rheinische Post: "Höhere Steuern sind nicht nötig"

Nachdem Spekulationen um eine Wiederbelebung des Soli aufgekommen sind, nimmt Bundesfinanzminister Lindner dazu in einem Gastbeitrag Stellung. Dabei beschreibt Lindner zunächst umfassend und treffend die vielen Aufgaben, die jetzt von der Bundesregierung eben auch finanziell zu meistern sind. Sodann folgen diese Zitate:

"All diese Aufgaben stelle ich als Finanzminister gegenwärtig mit Schulden dar. Das mache ich nicht leichtfertig und nicht gerne, aber die Lage erfordert es. Manche haben sich ja daran gewöhnt, Politik nur noch in Milliardenschritten zu machen. Ich nicht. Dennoch besteht kein Anlass zur Sorge, wenn wir den Ausgang zur finanz-politischen Normalität finden. Die Staatsfinanzen sind stabil."

"Viele fordern nun höhere Steuern. Zum Beispiel fordert Minister-präsident Winfried Kretschmann (Grüne), den Solidaritätszuschlag wieder voll einzuführen. Dieser Vorschlag würde die arbeitende Mitte der Gesellschaft voll treffen – in einem Umfeld mit ohnehin steigenden Lebenshaltungskosten."

"Deutschland ist bereits ein Höchststeuerland. Die Belastung eines durchschnittlich verdienenden Singles mit Steuern und Abgaben betrug in Deutschland zuletzt 49,1 Prozent."

"Es gibt auch keinen Mangel an Fairness. Wer mehr verdient, zahlt einen höheren Prozentsatz. Den Spitzentarif zahlen nicht etwa Fußballprofis oder Topmanager, sondern schon qualifizierte Fachkräfte."

"Im Ergebnis trägt heute ein Drittel der Steuerzahlenden knapp 80 Prozent des Aufkommens. Mit einer höheren Belastung der leistungsbereiten Mitte gewinnen wir nicht Fairness, sondern verlieren an Fairness."

"Hinter der Forderung nach höheren Steuern steht im Kern eines: der Appetit nach Umverteilung und populären Konsumausgaben. Die Politik kann aber auf Dauer nur ausgeben, was vorher erwirtschaftet wurde."

Diese Aussagen fordern mich geradezu heraus.

Meine Stellungnahme zu den vorstehenden Zitaten:

  • Das Eingeständnis, alle Aufgaben mit Schulden zu finanzieren und trotzdem die Staatsfinanzen für stabil zu halten, halte ich für Volksverdummung.

  • Dass ein neuer Soli genau diejenigen trifft, die schon jetzt hoch belastet sind, habe ich vorstehend bereits deutlich gemacht und mich dagegen gewehrt. Mich beschleicht der Verdacht, dass Lindner den Chef der Steuergewerkschaft vorgeschickt hat, um Kretschmann eine Falle zu stellen, und dessen Einlassungen nun politisch auskosten will.

  • Auch die hohe Steuerbelastung mittlerer Einkommen habe ich beklagt. Wenn Lindner jetzt noch die Sozialversicherungsabgaben einbezieht, sieht das natürlich noch dramatischer aus. Er verkennt aber, dass es unser Sozialversicherungssystem ist, das die "arbeitende Mitte" überbelastet. Das kann man nur ändern, wenn endlich das Kapital höher belastet wird.

  • Was versteht Lindner unter Fairness? Dass Facharbeiter genau so viel Steuern zahlen wie Fußballprofies und Topmanger? Mit seinem Vergleich schießt er doch ein deutliches Eigentor!

  • Die Zahl der Steuerzahler zu der Summe des Gesamtaufkommens (der Einkommens- und Lohnsteuer) in Relation zu setzen, war schon immer ein verlogenes Argument, sich gegen die Anhebung des Spitzensteuersatzes für Topverdiener zu wenden. Dabei wird nämlich bewusst ausgeblendet, dass sich in der Tat Spitzeneinkommen und Vermögen in wenigen Händen bündeln. Und die Masse der Bevölkerung - ohne Rücksicht auf soziale Belastungsfähigkeit - erhebliche Summen an Verbrauchssteuern entrichtet. Im Verhältnis eben deutlich mehr als Top-Einkommensbezieher!

  • Welche Umverteilung meint Lindner? Bisher hat es doch nur die Umverteilung von Unten nach Oben gegeben. Immer mehr Kapitaleigner haben ihre Ausschüttungen summieren können, weil die Besteuerung Ihrer Dividenden gedeckelt ist!

Was wir dringend brauchen, ist ein völlig neuer ESt-Tarif, der neben den unteren, eben auch die mittleren Einkommen deutlich entlastet und zum Ausgleich die Spitzeneinkommen mehr belastet. Und wenn dann noch eine Automatisierungsdividende so abgeschöpft wird, dass dadurch die Arbeitslöhne von den Sozialversicherungsbeiträgen entlastet werden, wäre Deutschland endlich auf einem guten Weg. Einem Weg, der nicht unbedingt das Gesamtvolumen des Steuer- und Abgabenaufkommens erhöhen muss, die Lasten aber gerechter verteilt. Links zu meinen Vorschlägen am Anfang dieser Seite!


Reichensteuer

23.05.2022 - Tagesschau.de: "Oxfam fordert mehr Steuern für Reiche"

Zitate aus dem Bericht:

"Millionen Menschen könnten in diesem Jahr in die Armut abrutschen, während die Reichsten immer reicher werden, berichtet Oxfam und fordert höhere Steuern. Auch darum geht es beim Weltwirtschaftsforum, das heute in Davos startet."

Gut, dass das Thema Spitzensteuern endlich global diskutiert wird. Deutschland als führende Wirtschaftsmacht und eine der wohlhabendsten Nationen hat auch eine Verpflichtung für die Schwachen in aller Welt - nicht nur in Deutschland.

Wenn Lindner noch am 16.04.2022 meinte, höhere Steuern seien nicht erforderlich, so blendete er dabei einfach aus, dass Deutschland nicht mehr so weiter Steuerrecht mit Scheuklappen gestalten kann. Wenn Sozialpolitiker immer wieder ihre Stimme für die sozial Schwachen erheben, und detailreiche Hilfspakete durchsetzen, zeigt das nur die Schwäche eines nicht mehr gesunden Systems der Eigenverantwortung. Lindner pocht immer auf seine liberale Heimat, aber gibt er auch die finanziellen Freiräume, seine Lebensweise eigenverantwortlich zu gestalten?

Es rächt sich, die von mir immer wieder angemahnte grundsätzliche Steuerreform nicht angefasst zu haben. Jetzt - angesichts weltweiter Krisen - wird es immer dringender.

Zu meiner Freude stelle ich fest, dass sich die Dateien meiner Homepage hoher Zugriffszahlen erfreuen, in denen ich meine Ideen auf den Punkt gebracht habe:

Die Leitidee besteht darin, für den Normalbürger Freiräume zu schaffen, seine Bedürfnisse eigenverantwortlich zu lösen und im Bedarfsfall unbürokratisch und diskriminierungsfrei an finanzielle Hilfen zu gelangen. Die Zahlen zur Grenzsteuerbelastung machen deutlich, welche Schieflage zu korrigieren ist.

Und um die Löhne von den hohen Sozialversicherungsbeiträgen zu entlasten, hilft nur die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe! Dann wird das Kapital stärker belastet.

Jetzt gefunden:

"Die Bundesrepublik liegt mit Blick auf die Zahl der Millionäre weltweit auf dem dritten Platz, vor dem viertplatzierten China, nur noch übertroffen von Japan und den USA. Diese Spitzengruppe habe sich seit Jahren verfestigt, sagt Capgemini-Experte Klaus-Georg Meyer: 'Wir finden eine immer stärkere Konzentration in diesen Ländern.' "

Quelle: Süddeutsche Zeitung "Millionäre in der Krise: Wer hat, dem wird gegeben"

Noch ein Zitat, das die Politik endlich beherzigen sollte:

"Manche Politiker reduzieren sich derzeit auf den händchenhaltenden Spar-Ratgeber, statt die großen Bewegungen des Kapitals in Krisenzeiten zu thematisieren. Dabei müssten die Verteilungsfragen in den Mittelpunkt gerückt werden, und zwar nicht die Umverteilung von der bürgerlichen Mitte, die inzwischen teilweise selbst prekär lebt, zu den Ärmeren, sondern die von den Reichsten, die in Parallelgesellschaften leben."

Quelle: Süddeutsche Zeitung "Reichtum: 20.356 Pools"

Soli noch verfassungsgemäß

Jetzt hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Solidaritätszuschlag noch verfassungskonform ist. In seiner Pressemitteilung vom 30. Januar 2023 - Nummer 007/23 ist zu lesen:

"Der Solidaritätszuschlag verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes). Ab dem Jahr 2021 werden aufgrund der erhöhten Freigrenzen nur noch die Bezieher höherer Einkommen mit Solidaritätszuschlag belastet. Die darin liegende Ungleichbehandlung ist aber gerechtfertigt. Bei Steuern, die wie die Einkommensteuer und damit auch der Solidaritätszuschlag an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig. Daher kann auch der Gesetzgeber beim Solidaritätszuschlag, der im wirtschaftlichen Ergebnis eine Erhöhung der Einkommensteuer darstellt, sozialen Gesichtspunkten Rechnung tragen und diesen auf Steuerpflichtige mit hohen Einkünften beschränken. Vor diesem Hintergrund ist die ab 2021 bestehende Staffelung des Solidaritätszuschlags mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes gerechtfertigt."

Diese Argumentation kann ich voll und ganz teilen. Habe ich doch immer wieder deutlich gemacht, dass der Soli längst hätte in den allgemeinen ESt-Tarif eingebaut werden sollen. Es war eine meiner letzten Aktivitäten, mich im Arbeitskeis Steuern des LFA Steuern und Finanzen der FDP für eine entsprechende Regelung einzusetzen. Aber Westerwelle und Solms hatten lieber die Senkung der Mehrwertsteuer in den Blick genommen. Das hatte Spenden eingebracht. Deshalb habe ich dann meinen Austritt aus der FDP erklärt.

Die Änderung des allgemeinen ESt-Tarifs muss allerdings auch einher gehen mit einer Aufhebung des auf der Kapitalertragsbesteuerung lastenden Deckels. Auch das habe ich immer wieder ausgeführt. Vergleiche dazu meine Anmerkungen zur Besteuerung der Kapitalerträge.

30.01.2023


Bitte lesen Sie auch weiter unter:
Reichensteuer - Vorschlag für einen neuen Spitzensteuersatz


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