Überwindung der Finanzkrise

Könnte eine Vermögensabgabe helfen?

Die Euro-Krise ist eine Staatsschuldenkrise. Die Staaten verschulden sich, weil Politiker ihre Füllhörner nicht durch Steuern finanzieren. Sie meinen, sonst nicht gewählt zu werden. So türmen sich beim Staat die Schuldenberge auf, während potente Bürger ihr Geldvermögen vermehren.

Zahlen hierzu aus Deutschland:

Staatsschulden pro Kopf fast 25.000 €
Geldvermögen pro Kopf rund 60.000 €

Man muss daraus schließen, dass wir alle zusammen zu wenig Steuern entrichtet haben, um die in Anspruch genommenen staatlichen Leistungen zu bezahlen. Die Bürger haben dieses Geld gehortet.

In einigen Medien ist deshalb bereits die Idee von einer Vermögensabgabe auf dieses Geldvermögen aufgetaucht. So wie in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg eine Vermögensabgabe den Lastenausgleich finanziert hat, so könne der Staat jetzt mit einer Vermögensabgabe seine Schulden tilgen.

Wenn man überlegt, dass dieses Geldvermögen ungleichmäßig verteilt ist und oft bei denen liegt, die ohnehin durch den seit Jahren geminderten Spitzensteuersatz geschont worden sind, während die Besteuerung der unteren und mittleren Einkommen dramatisch gestiegen ist (Hierzu Tabellen aus meinem Vortrag vom 10.2.2009) und die Mittelschicht auch noch erhebliche Beiträge in die Sozialkassen einzahlen muss, so kann man der Idee einer Vermögensabgabe schon einigen Reiz abgewinnen, zumal gerade die großen Geldvermögen nun auch noch durch die Abgeltungssteuer begünstigt werden.

Zwar bin ich dem Grunde nach gegen eine Besteuerung der Vermögen und folge da dem Bundesverfassungsgericht mit seinem Halbteilungsgrundsatz, wonach eine Sollertragssteuer die Besteuerung der Einkommen nicht ins Unermessliche steigern darf. Das Verfassungsgericht hat aber keine Höchstgrenze für die Besteuerung echter Erträge aus der Verfassung abgeleitet.

Angesichts der Finanzkrise könnte ich mir vorstellen, den Spitzensteuersatz dauerhaft deutlich zu erhöhen und die aus der Zeit des niedrigeren Spitzensteuersatzes resultierenden Geldvermögen mit einer einmaligen Abgabe zu belasten. Eine alle Vermögensteile belastende Abgabe ist nicht erforderlich. Sachwerte sind ja schließlich Teil des Wirtschaftskreislaufs.

Um genau den Personenkreis zu treffen, der durch die jahrelange Schonung der Spitzeneinkommen begünstigt war, erscheint es mir am einfachsten, einen Freibetrag deutlich oberhalb des durchschnittlichen Geldvermögens zu berücksichtigen. In einigen Vorschlägen habe ich dazu den Betrag von 100.000 € pro Person gelesen.

Weitere Freibeträge sollten denen zugestanden werden, die erstmals für den Erweb von Wohneigentum sparen, und jenen Bürgern, für die das Geldvermögen die Absicherung angemessener Alterseinkünfte darstellt. Während sich der erste Freibetrag an den Erwerbskosten für eine Eigentumswohnung oder ein Reihenhaus orientieren sollte, wäre für den zweiten Freibetrag eine kapitalisierte Rente zum Maßstab zu nehmen.

Mit einem Zugriff auf den überschießenden Betrag in errechenbarer Quote lassen sich die Schulden des deutschen Staates tilgen.

Um Einwänden von vorn herein zu begegnen, sei noch einmal darauf hingewiesen, dass das immense Geldvermögen die Spekulation anheizt, während der Staat die dem Bürger gewährten Konsumleistungen durch eben diese Schulden finanziert.

So betrachtet und richtig gemacht wird mit einer Vermögensabgabe auf Geldvermögen nur eine Besteuerung nachgeholt, die längst hätte sozialer ausgerichtet sein sollen.

Schuldentilgung durch Inflation wäre das schlechteste Modell zur Lösung der Finanzkrise.

(Inzwischen zeigt die Entwicklung in Zypern, wie Geschäftsmodelle der Banken scheitern und Staaten ins Chaos stürzen können! Die zunächst mit der EU vereinbarte Zwangsabgabe auf Sparvermögen wäre aus meiner Sicht als Vermögensabgabe sicher sinnvoll gewesen, war aber in keiner Weise sozial ausgewogen und ist deshalb in der Form zu recht abgelehnt worden. Nun ersatzweise in die Rentenkasse zu greifen, ist aber völlig abwegig.)

Die Entwertung der Sparvermögen würde den kleinen Sparer besonders hart treffen. Nach allen Berichten sieht es aber so aus, dass das der Weg der EZB sein wird. Die aktuell ausgegossene Geldschwemme (30.11.2011) hat zwar die Aktienkurse weltweit steigen lassen, befördert aber die Inflationsangst um so nachdrücklicher.

Deutschland sollte den Mut haben, mit der radikalen Lösung voranzugehen. Das Schielen nach links und rechts hilft nichts. Zwar müssen alle Staaten diese Lektion lernen, aber einer muss es vormachen - und Deutschland hat die Erfahrung mit einer Vermögensabgabe.

Die Regierungen von Bund und Ländern sollten sich Kommunen zum Vorbild nehmen, die es bereits geschafft haben, schuldenfrei zu sein. Ich wohne in einer solchen Stadt und habe den Sparprozess während meiner kommunalpolitischen Tätigkeit begleitet.

Nach über 60 Jahren Frieden und Wiederaufbauarbeit des kriegszerstörten Europa sowie Rückgang der Kinderzahl ist wenig Spielraum für immer mehr Wachstum. Wir brauchen die Energiewende. Dahin muss das spekulative Geldvermögen gelenkt werden - notfalls zwangsweise wie vorstehend beschrieben.

Wer gegen meine vorstehenden Überlegungen einwendet, der Staat könne den Bürgern nicht immer mehr Steuerlasten aufbürden, hat ja dem Grunde nach durchaus recht. Dann muss er aber auch so ehrlich sein und dem Bürger klipp und klar sagen, dass die sozialen Füllhörner leer sind und Wohltaten wie die Abschaffung der Studiengebühren und freie Kita-Plätze nicht mehr finanziert werden können. Was nutzen den Kindern und Jugendlichen solche Wohltaten, wenn ihre Pläne, die Zukunft zu gestalten, von den aufgetürmten Staatsschulden erstickt werden?

Verantwortungsbewusste Eltern haben sich zu allen Zeiten darum bemüht, von ihrem Erarbeiteten möglichst viel ihren Kindern zu hinterlassen. Jetzt erleben wir eine Gesellschaft, die nicht nur ihr Erarbeitetes verprasst. Diese Gesellschaft lebt in unverantwortlicher Weise auf Kosten ihrer Kinder. Das ist nicht nur in Deutschland so - das ist offensichtlich das globale Problem. Wo ist die Instanz, die diesem Treiben ein Ende setzt? Die "Volksparteien" sind es nicht - und der organisierte Liberalismus hat ebenfalls versagt.

Langenfeld, den 19. November 2011 - zuletzt ergänzt am 26.01.2012

Hier ein aktueller Presseartikel über das Geldvermögen der privaten Haushalte.

Langsam wird die Wahrheit serviert

Allmählich wird die Berichterstattung in der Presse ehrlich. So schreibt "Zeit-online" unter dem Titel "Warum die Steuern steigen werden", dass kein Weg an einer Steuererhöhung vorbei führt, und fasst ebenfalls die Erhöhung des Spitzensteuersatzes und eine Vermögensabgabe ins Auge. Auch die "Rheinische Post" schreibt mit gleichem Tenor.

4. Juni 2012

Unter dem Titel "Ökonomen schlagen Zwangsanleihe für Reiche vor" berichtet die FAZ jetzt über einen weiteren Vorschlag, die Staatsschuldenkrise in den Griff zu bekommen.

11. Juli 2012

Zur Schuldentilgung durch Inflation ist jetzt in der FAZ unter dem Titel "Die heimliche Enteignung der Sparer" eine gute Zusammenfassung erschienen, wie Staaten sich entschulden.

Wann hören die Staaten endlich damit auf, ihren Bürgern Wohlstand vorzugaukeln, der keiner ist? Leben auf Pump kann nicht auf Dauer funktionieren. Wir müssen die Leistungen des Staates endlich auch sofort bezahlen. Durch kostendeckende Gebühren für die konkret in Anspruch genommene Leistung und durch gerechte Steuern, die die Kosten der Infrastruktur abgelten. Und die Schweiz macht es vor, wie über Großprojekte zu entscheiden ist.

26. August 2012

Über den Zusammenhang von Staatsschulden, Inflation und privater Alterssicherung schreibt die FAZ in einem "Die Sparer und der gierige Staat" überschriebenen Artikel. Der Satz "Sparen für das Alter ist so schwer wie nie" in der einleitenden Zusammenfassung kann nicht treffender sein.

9. September 2012

Neuer Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung

Über den Entwurf eines neuen Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung berichtet jetzt die Süddeutsche Zeitung. Wann steuert die Regierung endlich auf einen sozialen Ausgleich hin, der es allen Bevölkerungsschichten erlaubt, in eigener Verantwortung für einen ausreichenden Lebensstandard zu sorgen?

18. September 2012


Sondersteuer von 10 Prozent auf Vermögen?

Unter der Überschrift "IWF denkt über Vermögensabgabe nach " berichtet die FAZ über den jüngsten Fiskalbericht des Internationalen Währungsfonds. Und in ihrem Kommentar "Euro-Enteigner" fragt die FAZ: "Will der Fonds den letzten Rest des schwindenden Vertrauens zerstören, dass man in der Eurozone die Früchte seiner Arbeit und Sparsamkeit behalten darf?"

Die Idee des IWF ist nicht neu, wie meine vorstehenden Anmerkungen zeigen. Wenn sich jetzt der IWF diesem Thema zuwendet, erhalten alle Horrermeldungen zusätzliches Gewicht. Wenn - wie in dem Bericht angemerkt - nur Länder mit überproportionaler Staatsverschuldung damit diszipliniert werden sollen, könnte das ja in Ordnung gehen nach dem Motto: Wer über seine Verhältnisse gelebt hat, muss irgendwann die Folgen tragen. Gefährlich wird es, wenn - wie der Kommentator befürchtet - die deutschen Steuerbürger für die Schulden der anderen Euro-Staaten aufkommen sollen.

In meinen verschiedenen Anmerkungen habe ich immer wieder eine Diskussion darüber gefordert, was der Staat übernehmen muss und welche Aufgaben der Bürger besser selbst für sich entscheidet. Die Äußerungen des IWF könnten diese Diskussion fördern. Das wäre positiv an dieser Meldung.

04.11.2013


Modelle zur Entschuldung

Unter der Überschrift "So könnte die Euro-Zone den Schuldenberg loswerden" berichtet DIE WELT über ein Szenario zur Entschuldung der Euro-Zone. Keine schönen Aussichten!

04.01.2014


Neue Umfrage

Unter der Überschrift "Jeder vierte Deutsche will Reiche stärker belasten" berichtet DIE WELT jetzt über das Ergebnis einer neuen Umfrage.

25.03.2014


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