Finanzierung der Renten

Ist die Rente noch sicher?

Im Koalitionsvertrag von CDU,CSU und SPD findet sich unter der Überschrift "Rente, Alterssicherung, Reha, Sozialversicherungen und Selbstverwaltung" folgendes:

"Wir werden die Alterssicherung für alle Generationen auf verlässliche Füße stellen. Deshalb werden wir das Rentenniveau bei 48 Prozent gesetzlich bis zum Jahr 2031 absichern. Die Mehrausgaben, die sich daraus ergeben, gleichen wir mit Steuermitteln aus. Am Nachhaltigkeitsfaktor halten wir grundsätzlich fest. Nur eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik, eine hohe Beschäftigungsquote und eine angemessene Lohnentwicklung ermöglichen es, dies dauerhaft zu finanzieren. Deshalb werden wir im Jahr 2029 im Hinblick auf diese Faktoren die tatsächliche Entwicklung des Beitrags und des Bundeszuschusses evaluieren, um gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu ergreifen."

Dazu wurde Friedrich Merz gestern in der Sendung Caren Miosga "Geht so Ihr Politikwechsel, Herr Merz?" befragt.

Über seine Antwort bin ich erschüttert:

Der Mann warf doch tatsächlich den Bürgern, die jetzt in das Rentenalter kommen, vor, sie hätten nicht genug Kinder in die Welt gesetzt, um mit deren Beiträgen die Rentenkasse zu finanzieren!

- In der ARD-Mediathek zu finden ab Minute 44:00! -

Ihm ist wohl in keiner Weise bewusst, dass unser gesamter Wohlstand auf der Steigerung der Produktivität basiert. Das Problem ist nur, dass dieser durch Kapitaleinsatz generierte Fortschritt fast nur bei den Kapitaleignern ankommt. Während Facharbeiter in der Industrie noch hohe Löhne erzielen können, sind die in den Dienstleistungsbereichen Arbeitenden doch die Dummen, weil die Belastung der Arbeitslöhne inzwischen unerträglich hoch geworden ist und nicht durch Automation aufgefangen werden kann. Um das zu ändern, habe ich doch schon lange das Modell einer Wertschöpfungsabgabe vorgeschlagen.

Friedrich Merz weigert sich einfach, wirtschaftliche Realitäten im Interesse aller Bürger menschengerecht zu gestalten. Er hat in der Sendung das harte Gesicht des kapitalistischen Geschäftemachers gezeigt. Seine Aussage war einfach nicht von christlicher Verantwortung für den Mitmenschen getragen. Für das Amt des Bundeskanzlers hat er sich damit disqualifiziert.

Und die Rheinische Post muss sich fragen lassen, warum sie diesen Teil des Interviews in ihrem Rückblick "Softie Merz und der peinliche Onkel Söder" verschwiegen hat. Allerdings ist auch die Süddeutsche Zeitung darauf nicht eingegangen. Ich habe das in beiden Zeitungen moniert. Das hat inzwischen reichlich Zustimmung gefunden!

14.04.2025 - letzten Satz ergänzt 09.05.2025


Ideen der neuen Arbeits- und Sozialministerin

11.05.2025 - Rheinische Post:
"Beamte und Politiker sollen einzahlen – Koalitionspartner skeptisch"

Eingangszitat zu dem Bericht:

"Eine Reform der gesetzlichen Rente ist überfällig. Die neue Arbeitsministerin Bas will auch Beamte einbeziehen. Der Protest lässt nicht lange auf sich warten. Doch es gibt auch Zustimmung."

Jetzt hat die neue Arbeits- und Sozialministerin in die Mottenkiste gegriffen und eine alte Klamotte zur Diskussion gestellt. Sie will die Einnahmen der Rentenversicherung dadurch erhöhen, dass auch Beamte und Politiker einzahlen sollen. Und schon haben wir wieder eine Diskussion, die wesentlich von Neidkomplexen geprägt wird.

Es ist schon systematisch falsch, Beamten- und Politikerpensionen mit den Bezügen aus der gesetztlichen Rentenkasse zu vergleichen. Beschäftigte der freien Wirtschaft - jedenfalls dort, wo Manager und Fachkräfte gute Gehälter beziehen - sind im Alter nicht nur auf ihre gesetzliche Rente angewiesen. Sie beziehen beachtliche Betriebsrenten und kommen so auf vergleichbare Altersbezüge wie Beamte - oft noch bessere.

Auch sei hier noch einmal auf eine Untersuchung verwiesen, nach der bei gleicher Vorbildung und Verantwortung im Beruf, Beschäftigte in der freien Wirtschaft in ihrer aktiven Zeit ein höheres Einkommen als Beamte erzielen. Erst "im Alter von 85 haben sich die im Leben zusammengekommenen Netto-Einkünfte angeglichen". Vergleiche dazu meine Anmerkung vom 01.04.2024.

Im übrigen sollte es doch einsichtig sein, dass man die Lage der Rentenkasse nicht dadurch verbessern kann, dass neue Beitragszahler gefunden werden. Die stellen irgendwann auch ihre Ansprüche an die Kasse. Da mag zeitversetzt ein Effekt eintreten, langfristig hilft das aber nicht weiter.

Der Rentenkasse dauerhaft helfen kann nur eine Wertschöpfungsabgabe. Nur sie generiert Einnahmen, ohne damit zugleich neue Ansprüche zu schaffen! Darauf habe ich Frau Bas bereits in einer Mail hingewiesen.

Im übrigen bietet eine Wertschöpfungsabgabe die Chance, alle Arbeitnehmer an den Erfolgen der Automation teilhaben zu lassen. Meine Ideen gehen schließlich zurück auf einen Aufsatz in der FAZ "Automatisierungsdividende für alle - Roboter müssen unsere Rente sichern". Angesichts der Aussichten, dass weitere Arbeitsplätze verloren gehen werden, wenn die KI immer weiter um sich greift, wird dieser Denkansatz doch immer bedeutsamer.


Ein aufschlussreicher Vergleich

28.10.2025 - Süddeutsche Zeitung:
"Zu großzügig und zu teuer? Das deutsche Rentensystem im Ländervergleich"

Zitate aus dem Bericht:

"Kurz vor Katastrophe – so klingt es momentan, wenn über die Rente gesprochen wird. Höchste Zeit also, einen Blick auf die Daten zu werfen."

"Monika Queisser dagegen findet: 'Das deutsche Rentensystem ist besser aufgestellt, als es gerade diskutiert wird.' Sie leitet bei der Industrieländer-Organisation OECD seit vielen Jahren die Abteilung für Sozialpolitik und kennt die unterschiedlichen Sozialsysteme der Mitgliedstaaten."

"Länder wie Frankreich, Österreich und Italien [geben] zwischen 14 und 16 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Renten und Pensionen aus, und damit deutlich mehr als Deutschland, das in den vergangenen Jahren zwischen elf und zwölf Prozent rangierte."

Auch alle weiteren Vergleiche sind interessant. Sie zeigen das, was ich schon lange beobachte. Deutschland liegt - immer gemessen am BIP - im Mittelfeld. Auf die Frage, warum dann überhaupt die Aufregung, fällt ein wichtiger Satz in dem Bericht:

"Schließlich sei es für Deutschland als Exportland wichtig, die Lohnnebenkosten für Firmen im Zaum zu halten, um international wettbewerbsfähig zu bleiben."

Kommt daher die Weigerung, eine Wertschöpfungsabgabe einzuführen? Überspitzt könnte man antworten: Der Dienstleistungsbereich wird übermäßig belastet, damit das Kapital es leichter hat, international zu profitieren! Dabei sollte doch der Mensch im Mittelpunkt aller Entscheidungen stehen.


Neue Rentendiskussion

Ich will jetzt nicht alle Artikel zitieren, die sich in den letzten Tagen mit der Rentendiskussion beschäftigt haben. Aus meiner Sicht ist es eine Schande, wie die Parteien mit diesem wichtigen Thema umgehen. Besonders erschrocken bin ich über die Frontstellungen innerhalb der Parteien mit dem "C". Obendrein musste ich auch noch feststellen, dass führende Diskutanten, allen voran Friedrich Merz, auch Mitglied in dem Sozialverband sind, dem ich seit fast 70 Jahren angehöre. - Dem Werk Adolph Kolpings, der sich zu seiner Zeit intensiv um die Mitbürger gekümmert hat, die bei der Industrialierung unter die Räder geraten waren.

Ich habe inzwischen alle Kolpingmitglieder im Bundestag angeschrieben und auf meine Sicht hingewiesen. In einer neuerlichen Mail habe ich meine Positionen noch einmal zusammengefasst. Erfreulicher Weise hat sich jetzt der Vorsitzende der CDA zu Wort gemeldet und die Forderung erhoben, den Faktor Arbeit zu entlasten. Ihn habe ich dafür gelobt. Diese aktuellen Mails können Sie hier nachlesen!

Die Kritik des CDA-Bundesvorsitzenden Dennis Radtke finden Sie hier: "Entsetzt über die Fettnapfquote".

18.11.2025


Bei der Nachrichtenlektüre gefunden:

"Und dann hat [ der Ökonom Hans-Werner ] Sinn auch noch eine ganz grundlegende Idee im Gepäck, um das Dilemma auf dem 'sozialverträglichsten Weg' zu lösen: 'Wir erhöhen das Renteneintrittsalter', um Pi mal Daumen zehn Monate. So wenig? Ja, wirklich, sagt Sinn. 'Dann könnten Sie bei 48 Prozent bleiben.'"

Quelle: Süddeutsche Zeitung:
"Markus Lanz: Opposition? Für die Debatte unerheblich"

Ob das die Jungen gerne hören, länger zu arbeiten, wo sie doch schon später damit beginnen? Satire aus!

Wenn ich bedenke, wie lange mancher arbeitet, um am Ende doch nur eine geringe Rente zu erhalten, muss ernsthaft diskutiert werden, ob die Lebenseinkommen gerecht verteilt sind.

19.11.2025


"Demnach sind die Ausgaben für die Alterssicherung in Deutschland zwischen 2001 und 2023 gemessen am Bruttoinlandsprodukt nicht gestiegen. Sie bewegten sich stets zwischen neun und zehn Prozent des BIP; der Wert für 2023 liegt bei 9,5 Prozent und damit unter dem EU-Durchschnitt von elf Prozent."

Quelle: Süddeutsche Zeitung:
"41 Prozent der Staatsausgaben für den Sozialstaat"

Es lohnt sich schon, nicht allein die Summen im Haushalt zu betrachten, sondern genauer hinzuschauen. Siehe dazu auch meine Anmerkung: Vergleichbarkeit international

Und ein Leser gibt noch folgenden Hinweis:

"Solche klaren, nüchternen Analysen wünsche ich mir in der Diskussion öfter und viel, viel lauter! Dieses polemische Aufhetzen der Generationen mit aufgebauschten Halbwahrheiten ist so unglaublich destruktiv. Vielleicht noch 2 Ergänzungen: Zum einen haben wir als Arbeitnehmer jahrelang 19 und 20% Rentenbeitrag vom Gehalt bezahlt, nämlich von 1994 bis 2012. Ab 2013 wurde der Beitrag über 18,9 auf 18,6 gesenkt. Eine Erhöhung wird momentan als völlig unzumutbar deklariert - wurde aber sehr lange von den Einzahlern geleistet. Davon höre ich nie etwas in den Diskussionen."

Von den "jungen Rebellen" kann man offensichtlich kein Erfahrungs-Wissen erwarten!

24.11.2025


28.11.2025 - Tagesschau.de:
"Koalitionsausschuss: Rentenpaket bleibt unverändert"

Zitat aus dem Video:

Söder: "Für die Rentenkommission gibt es keine Denkverbote."

Deshalb habe ich den CSU-Vorsitzenden Söder aufgefordert, endlich auch meinen Vorschlag einer Wertschöpfungsabgabe aufzugreifen. Damit können die Gewinne aus der Automation in der Industrie endlich in die Kassen der Sozialversicherung gespült werden. Dieser direkte Weg ist jedenfalls besser, als auf Aktiengewinne zu spekulieren. Mit Aktienspekulation die Rentenkasse zu füllen, ist viel zu riskant.


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