Grunderwerbsteuer

Unter der Überschrift "NRW riskiert Milliarde bei Steuern" berichtet die Rheinische Post über mögliche Steuerausfälle, wenn Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer den Erwerb von Wohneigentum erleichtern sollen.
Auch die WELT stellt fest: "Jeder Preisanstieg und jeder Verkauf von Grundstücken und Häusern spült [den Ländern] mehr Geld in die Kassen".

Eine Übersicht über die geltende Struktur der Grunderwerbsteuer findet sich bei Wikepedia. Dabei wird auch zutreffend dargestellt, dass sich die Grunderwerbsteuer in einer Konkurrenzlage zur Umsatzsteuer befindet. Dies muss man bedenken, wenn man die Ideen von einem Freibetrag politisch zutreffend bewerten will.

Ich sehe das Problem darin, dass gerade in den Ballungsräumen kaum noch privater Wohnungsbau in der klassischen Weise möglich ist: Erwerb eines Grundstücks und Bebauung nach eigenen Vorstellungen, geplant von einem Architekten und errichtet von selbst beauftragten Handwerkern. Stattdessen werden fast ausschließlich nur noch von Baugesellschaften errichtete Eigentumswohnungen und Reihenhäuser auf dem Markt angeboten und an Private veräußert.

Steuerlich ist die Übertragung einer Eigentumswohnung oder eines Reihenhauses jeweils ein einheitlicher Vorgang. Darum wird die Grunderwerbsteuer auf der Basis des Gesamtpreises berechnet. Dabei ist es egal, ob es sich um Neubauten oder ältere gebrauchte Häuser handelt. Nur wenn - wie im Fall der klassischen Bauherrenschaft - der Grunderwerb und die Bebauung getrennte Vorgänge sind, wird Grunderwerbsteuer nur fällig hinsichtlich des echten Grunderwerbs. Alle übrigen Leistungen - vom Architekten und den Handwerkern erbracht - fallen unter das Umsatzsteuergesetz mit dem deutlich höheren Mehrwertsteuersatz.

Baugesellschaften, die das Objekt schlüsselfertig errichten und verkaufen, zahlen ebenfalls zunächst einmal sowohl Grunderwerbsteuer auf den Grunderwerb und Mehrwertsteuer auf die übrigen Leistungen. Der Verkauf des schlüsselfertigen Objektes stellt dann ein neues Rechtsgeschäft dar, für das nunmehr in seiner Gesamtheit (nochmals) Grunderwerbsteuer anfällt. Man kann also feststellen, dass die Bequemlichkeit beim Erwerb einer schlüsselfertigen Immobilie steuerlich doppelt belastet ist.

So betrachtet ist die Überlegung, mit Freibeträgen den Erwerb einer Immobilie finanziell zu erleichtern, politisch zu vertreten. Bedenken sehe ich aber bei der offensichtlich frei gegriffenen Höhe der in Rede stehenden Freibeträge. Da sollte man doch noch einmal den vorstehend dargestellten Systemunterschied bedenken.

Die in Rede stehende Höhe fördert den Erwerb von Neubauobjekten. Fakt ist aber auch, dass aufgrund der Bevölkerungsstruktur immer mehr gebrauchte Immobilien auf den Markt kommen, weil die eigenen Kinder oft schon Eigentum erworben haben und/oder wegen der getroffenen Berufswahl längst nicht mehr in der Lage sind, an den Heimatort zurückzukehren. Um einer weiter um sich greifenden Zersiedlung und dem damit einher gehenden Verbrauch von Freiflächen entgegenzuwirken, sollten die Freibeträge so bemessen werden, dass damit vorrangig der Markt der Altimmobilien gefördert wird.

16.09.2017

PS: Ein anderer Aspekt ergibt sich noch aus meiner Ergänzung vom 18.09.2017 zum Thema Pendlerströme. Wenn es gelingt, allen Bürgern an ihrem Wohnort einen gesicherten Arbeitsplatz zu verschaffen, entschärft sich das Thema Wohnungssuche im Ballungsraum von ganz alleine!


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