Tricks des Handels
Wie die Konsumenten beeinflusst werden
Ich habe mich schon einmal mit Fragen des Handels beschäftigt. Dabei ging es aber vorrangig um Entscheidungen der Preisgestaltung. So habe ich aus Anlass diverser Entscheidungen zum Kartellrecht beanstandet, dass die Marktbeherrschung durch die großen Player die Landwirte unter Druck setzt.
Für mich ist es vorrangig, folgende Ziele zu verfolgen:
- Sichere Einnahmen der erzeugenden und vom Wetterrisiko abhängigen Landwirtschaft,
- angemessene Löhne auf allen Stufen der Lebensmittelindustrie und des Handels und
- sichere und gesunde Lebensmittel am Ende der Verarbeitungskette.
Ich hatte auch auf den "Marmeladenversuch" verwiesen; nach diesem in der Betriebswirtschaftslehre bekannten Test wird der Kunde vom Kauf abgehalten, je größer die Fülle des Angebots ist. Eigentlich könnte ein Supermarkt mit deutlich geringerer Produktauswahl seine Kunden wesentlich effektiver bedienen.
Nun hat es sich aber eingebürgert, dass jeder Artikel in möglichst vielen Ausführungen von fast allen Marken im Sortiment enthalten sein soll. Wenn diese Fülle den Kunden aber nicht abschrecken soll, muss sein Blick auf das Produkt gelenkt werden, das dem Handel den größt möglichen Gewinn verspricht.
Vor wenigen Tagen hat nun die Rheinische Post berichtet, "wie Supermärkte zum Kauf verführen".
In diesem Artikel wird auf Tricks verwiesen, das Kaufverhalten des Kunden zu stimulieren, indem sein Blick bewusst erst einmal dorthin gelenkt wird, wo sich die Ware befindet, die besonders gewinnträchtig ist. Das ist letztlich als Versuch zu werten, dem Abschreckungseffekt eines überbordenden Angebotes entgegen zu wirken. Denn Ziel des Handels bleibt es, nicht auf seinen Waren sitzen zu bleiben. Statt dem Kunden die Auswahl durch sachgerechte Einschränkung zu erleichtern, wird ihm die Fülle vorgeführt, sein Blick aber auf die Artikel gelenkt, bei denen der Handel am besten verdienen kann.
Ich habe aber Zweifel, ob sich mit diesen Hinweisen etwas Grundlegendes ändern wird. Solange die Supermärkte immer mehr von Betriebswirten gelenkt werden, stehen die Verkaufszahlen im Vordergrund. Wo gibt es noch den Einzelhandelskaufmann, der seine Kunden kennt, auf ihre Wünsche eingeht und dieses Verhalten von der Pike auf gelernt hat? Zwar sind die Filialketten der Lebensmittelriesen rechtlich oft selbständige Betriebe (sogenannte Franchisenehmer), in Wirklichkeit fehlt ihnen aber die Freiheit der Eigengestaltung.
Das vorgegebene (Voll-) Sortiment, das auch gemeinsam und einheitlich beworben wird, geht doch allzu oft an den Handelsstrukturen vor Ort vorbei, weil es auch Artikel enthält, die bereits durch vorhandene Fachgeschäfte angeboten werden. So entsteht zusätzlich ein Verdrängungswettbewerb. In ländlichen Gebieten macht es noch Sinn, das für den täglichen Bedarf erforderliche Angebot in einem Vollsortiment zu bündeln, weil nur so eine wirtschaftliche Grundlage für die Existenz eines Marktes gegeben ist. In Ballungsräumen führt es aber zur Eintönigkeit des Einzelhandels. Die Vielfalt gut sortierter Fachgeschäfte mit guter Beratung geht verloren.
Und noch ein Aspekt fällt mir immer wieder auf. Wird ein Markt neu eröffnet, mag er sehr einladend weil großzügig wirken. Mit der Zeit werden aber immer mehr Gänge mit zusätzlichen Verkaufsregalen zugestellt. Wie in dem Artikel der Rheinischen Post treffend beschrieben, werden bestimmte Waren den Kunden einfach in den Weg gestellt, um sie zum Kauf der Dinge zu animieren, für die sie eigentlich kein Bedürfnis haben. Wer das durchschaut, fühlt sich einfach nicht wohl. Früher waren Kaufläden auch ein Treffpunkt zum Austausch von Neuigkeiten und Meinungen; heute entsprechen sie dem Trend eines schnellen Einkaufs ("einmal hin - alles drin"), um mehr Zeit für die Freizeit zu haben.
Gut, dass die Rheinische Post einmal aufdeckt, wie dem Kunden die Leimrute hingehalten wird. Es ist an ihm, das Spiel zu durchschauen und nicht darauf herein zu fallen.
04.04.2016