Ethiksteuer
Ersatz für Nichtkirchenmitglieder?
Der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Ulrich Blum, fordert eine Ethiksteuer nach italienischem Vorbild für alle, die aus der Kirche austreten. Das Geld solle dann an eine andere soziale Einrichtung fließen.
Zutreffend an dieser Forderung ist der Umstand, dass die Kirchen in der Vergangenheit den Staat deutlich entlastet haben, indem sie viele caritative Einrichtungen zur Verfügung stellen. Nicht nur, dass sie dies aus ihren Kirchensteuereinnahmen finanzieren, sie haben auch viele Ehrenamtliche gewinnen können, die so in praktischer Nächstenliebe vorleben, was der Staat nur über hohe Personal- und Sachkosten zu organisieren in der Lage ist.
Durch Kirchenaustritte und die damit einhergehenden Ausfälle an Kirchensteuern ist die Erfüllung dieser Aufgaben gefährdet. Ehe der Staat nun unter der Organisation von Ersatzlösungen endgültig in den finanziellen Ruin abdriftet, ist es gerechtfertigt, über eine neue Lastenverteilung nachzudenken.
Das aus Italien stammende Modell ist mir persönlich zu kompliziert. Es sollte vielmehr zum Ausdruck kommen, dass es der Staat ist, der durch das kirchliche Engagement entlastet wird und deshalb von seinen Einnahmen an die Kirchen oder vergleichbare öffentlich rechtliche Körperschaften abgibt.
Ich könnte mir vorstellen, dass man dazu die Kirchensteuer ebenso wie den Solidaritätszuschlag als eigenständige Zuschlagssteuern auf die Einkommensteuer abschafft und stattdessen die Steuersätze anhebt. Dies wäre auch ein Schritt zum Abbau von Bürokratie.
Acht Prozent der so erhöhten ESt-Zahllast entspräche rechnerisch in etwa dem Betrag, der aufgrund des jetzigen Systems nach Abzug einer beim Staat verbleibenden Verwaltungsgebühr tatsächlich den Kirchen als Steuer zufließt.
Dieser Anteil an der gesamten Steuerzahllast ist dann für den Bürger an die Kirche abzuführen. Im Ergebnis ist die Kirchensteuer damit in voller Höhe von der ESt-Zahllast unmittelbar abzugsfähig. Und soweit der Bürger nicht einer Kirche oder einer ähnlich organisierten Glaubensgemeinschaft mit caritativen Einrichtungen angehört, verbleiben die Steuereinnahmen in voller Höhe beim Staat, der diesen Betrag den Städten zusätzlich zur Verfügung stellen sollte, um daraus die von ihnen errichteten sozialen Einrichtungen zu unterhalten.
Langenfeld, den 1. Februar 2010
Mein zu diesem Thema an die Rheinische Post gerichteter Leserbrief ist heute veröffentlicht worden. Dabei hat die RP aber auf die Kernaussage, dass für Bürger, die nicht einer Kirche angehören, der der Kirchensteuer entsprechende Anteil der Steuerzahllast an seine Kommune abgeführt werden solle (letzter Satz), verzichtet. Das ist schlechter Journalismus und von mir inzwischen gerügt worden.
Langenfeld, den 11. Februar 2010
Zahl der Kirchenaustritte gestiegen
Heute berichtet DIE WELT: "Deutsche verlassen in Scharen die Kirchen". Als Grund dafür wird angeführt, dass erstmals seit 2015 auch Kirchensteuer direkt von den Zinserträgen einbehalten werden muss.
Ich denke, dass es an der Zeit ist, wieder über die oben diskutierte Frage nachzudenken, von nicht einer Religionsgemeinschaft angehörenden Bürgern eine Ethiksteuer zu erheben. Wie von mir vorgeschlagen, sollte diese in die Einkommensteuer eingebaute Abgabe die Kirchensteuer ersetzen und wenn der Steuerpflichtige sich eben keiner Kirche oder einer vergleichbaren Religionsgemeinschaft zugehörig fühlt, verbleibt dieser Anteil der Einkommensteuer beim Staat oder wird von ihm direkt seiner Wohngemeinde zugeleitet.
Mit diesem Modell wird anerkannt, welche sozialen Leistungen die Kirchen erbringen, und deutlich wird auch, dass sich keiner aus Knauserigkeit seiner Verantwortung für das Gemeinwesen entziehen kann.
30.01.2015
Moschee-Steuer?
Bereits am 26.12.2018 berichtete die Rheinische Post:
"Innenministerium hält Moschee-Steuer für denkbar"Zitat aus dem Bericht:
"Der für die Deutsche Islam Konferenz zuständige Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Markus Kerber (CDU), sagte der 'Welt', Ziel müsse sein, 'dass Moscheen in Deutschland nicht von Finanzhilfen aus dem Ausland abhängig sind'. Eine Moschee-Steuer analog zur Kirchensteuer könne 'eine Lösung' sein, sei aber Sache der Religionsgemeinschaft. Voraussetzung für die Steuer wäre, dass die Moscheen die Anforderungen des Religionsverfassungsrechts an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts erfüllen müssten."
Diese Diksussion hält an. In der Print-Ausgabe der Rheinischen Post ist heute im Lokalteil Langenfeld / Monheim von der Unterstützung dieser Idee durch einen ökumenischen Arbeitskreis zu lesen. Das möchte ich zum Anlass nehmen, an meine frühere Anmerkung zu erinnern, in der ich Stellung bezogen hatte zu der Forderung, die Kirchensteuer durch eine Ethiksteuer zu ersetzen.
Der bei dem damaligen Vorschlag in den Vordergrund gerückte Gedanke, auch Nichtkirchenmitglieder stärker an der Finanzierung sozialer Einrichtungen zu beteiligen, kann doch auch auf die Islamgemeinde übertragen werden. Wer sich einer Glaubensgemeinschaft zugehörig fühlt, bestimmt eben, dass ein Teil seiner Steuerlast dieser Gemeinschaft zufließt. Und wer einer solchen Gemeinschaft nicht angehört, der überlässt seinen Beitrag eben seiner Kommune.
Die jetzt angestoßene Diskussion um eine Moschee-Steuer sollte sich also nicht so sehr um die Frage drehen, ob und wie den Moschee-Gemeinden eine den Kirchen vergleichbare Rechtsform verliehen werden kann. Die Diskussion sollte vielmehr auf die Frage gerichtet werden, wie alle Bürger besser an der Sozialarbeit der großen Glaubensgemeinschaften beteiligt werden können.
17.01.2019
Aus Kirchenaustritten Konsequenzen ziehen?
16.03.2023 - Rheinische Post: "Kirche in der Kosten-Nutzen-Abwägung"
Zitate aus dem Bericht:
"Die Zahl der Christen, die ihrer Kirche den Rücken kehren, wächst weiter und schneller als je zuvor. Nicht nur bei den Katholiken."
"Die Mehrheit der Bevölkerung (50,3 Prozent) ist weder römisch-katholisch noch evangelisch."
Angesichts dieser Entwicklung gewinnen die eingangs dieser Seite angestellten Überlegungen wieder an Bedeutung. Wer sich aus Gründen der Einsparung der Kirchensteuer aus der Kirche verabschiedet, boykottiert auch die caritative Arbeit der Glaubensgemeinschaft. Das führt zu weiterer Belastung des Staatshaushalts.
Wenn der Staat deshalb seine Steuern erhöhen muss, werden die Bürger, die ihrer Kirche treu bleiben, doppelt belastet. Schon deshalb bedarf es einer Diskussion, wie ein gerechter Ausgleich herzustellen ist.
Nachtrag
Da es bei dem vorstehend zitierten Artikel im Wesentlichen um die Diskussion innerhalb der evangelischen Kirche geht, habe ich die Ratsvorsitzende, Präses Dr. h.c. Annette Kurschus, angeschrieben und auf meine Überlegungen aufmerksam gemacht. Von ihrem Büro habe ich den Hinweis auf einen Beitrag von Dr. Johannes Wischmeyer in der Zeitschrift "zeitzeichen" erhalten: "Wir müssen dringend handeln"
Auch darin wird darauf verwiesen, dass "das Finanzierungsniveau der Kirchen (...) Strukturen nicht nur für die religiöse Grundversorgung der Bevölkerung
[ sichert ], sondern auch für den dauerhaften kirchlichen Einsatz im sozialen, pädagogischen und kulturellen Bereich. Damit entfaltet die Kirchensteuer eine Hebelwirkung, die der Gesellschaft insgesamt zugutekommt."Und dann folgt noch ein Hinweis auf Annalena Baerbock: "Sie bezeichnet sich als nicht religiös, ist aber mit Recht davon überzeugt, dass die Gesellschaft ohne die sozialen Leistungen der Kirchen 'aufgeschmissen' wäre."
Das sind doch wichtige Stimmen für eine Ausweitung der Kirchensteuer zu einem System, in das alle Bürger einbezogen werden, um die "Hebelwirkung" sozialer Einrichtungen zu stärken. Darüber sollte in der Tat mehr geredet werden!
20.03.2023
29.12.2024 - WDR5: "Diesseits von Eden"
In diesem Jahresrückblick über die Lage der Kirchen wurde heute ebenfalls wieder darauf verwiesen, welche immensen Geldsummen die Kirchen bereit stellen, um staatliche Einrichtungen zu entlasten. Hören Sie einfach selbst, solange die Aufzeichung zur Verfügung steht. Bei aller Kritik, die sich die Kirchen an anderer Stelle gefallen lassen müssen, erfüllen sie doch eben auch einen großen Dienst an der Gemeinschaft, von der nicht nur Kirchenmitglieder profitieren.