Gerechte Verteilung der Kosten des Internets

Das Übel der Flatrates

In der Rheinischen Post ist heute ein Interview mit dem Chef von Vodafone Deutschland, Jens Schulte-Bockum, erschienen: "Im Internet muss eine Überholspur erlaubt sein". Daraus einige Sätze, die mir Anlass zu weitergehenden Gedanken geben:

  • Die Zeit, als es hieß "Fasse Dich kurz" ist nun wirklich vorbei. Wir ermöglichen mit unserem Netzausbau, dass die Kunden zunehmend attraktive Datendienste nutzen.
  • Wir müssen die Kapazitäten immer weiter erhöhen ...
  • (es stimmt), dass im Festnetz die Menge an übertragenen Daten wegen des Streaming-Booms bei Filmen auch extrem wächst.
  • Aber wir planen keine Abkehr von Flatrates, also Pauschalangeboten.
  • Google und andere Internetgiganten machen doch gerade Front dagegen, dass die Telefonkonzerne von ihnen einen Beitrag für den Netzausbau verlangen können. Das wird dann als Kampf um sogenannte Netzneutralität verkauft, aber in Wahrheit geht es ums Geld.

Ich halte diese Aussagen für entlarvend. Beim guten alten Telefon war noch ein Bewusstsein für die in Anspruch genommene Leistung vorhanden. Selbst das Ortsgespräch war in Einheiten getaktet! Die Einheitsgebühren sind mit dem Mobiltelefon aufgekommen, nachdem sich dies einen breiteren Markt erschlossen hatte und die Geräte erschwinglich wurden. Erschwinglich waren aber nicht die laufenden Kosten. Weil die Anbieter schnell auf hohen Rechnungen sitzen blieben, haben sie die Flatrate eingeführt, um so sicher zu stellen, dass wenigstens ein Minimum der Kosten laufend hereinkommt - und der Wenignutzer zahlt für den Vieltelefonierer.

Ich plädiere schon lange dafür, wieder einen Weg zu finden, die Kosten gerechter zu verteilen. Um im Bild des Streaming-Booms zu bleiben: Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen!

Was nun den Streit mit den Anbietern dieser Portale angeht, sich wegen ihres Angebots auch an den Kosten des Leitungsausbaus zu beteiligen, möchte ich hier einmal einige Quergedanken anstellen.

Das Internet wird so gerne als Daten-Autobahn bezeichnet. Der Vergleich zeigt unfreiwillig auf, wohin die Reise gehen wird, wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird. Warum sind denn die Autobahnen und insbesondere die Brücken so marode? Sie unterliegen einer Belastung für die sie damals nicht gebaut worden sind. Da gab es noch die Lagerhaltung der großen Industriebetriebe. Es war kein Problem, die Gütermassen per Bahn zu transportieren. Es machte auch nichts, wenn sich die Ankunft der Zulieferprodukte um einige Stunden verspätete. Es gab eine Lagerverwaltung, die dafür verantwortlich war, dass die Produktion alles vorfand, was benötigt wurde. Dafür wurde rechtzeitig disponiert.

Heute gibt es keine Lagerhaltung mehr. Das Lager ist auf die Straße verlegt worden. Die Spediteure und ihre Fahrer werden unter Druck gesetzt, "just in time" zu liefern. Es darf keinen Produktionsstillstand geben; das wird zu teuer. Das teure Lager bezahlt jetzt der Steuerzahler mit den Reparaturkosten für die Verkehrsinfrastruktur.

Der Streaming-Boom bei Filmen ist mit dieser verfehlten Lagerhaltung der Wirtschaft zu vergleichen. Die schöne neue Welt des HD-TV belastet schon jetzt die Leitungskanäle. Wenn aber jeder zu jeder Zeit alles verfügbar haben will, müssen die für einen TV-Film erforderlichen Daten entsprechend oft über die Leitungen versendet werden. Darum sind die Netze verstopft und müssen ausgebaut werden. Mit der realen Warenwirtschaft verglichen wäre das so, als wenn sich ein Rheinländer seine Flasche bayrischen Bieres jeweils persönlich als abendliches Getränk aus München anliefern lassen würde oder das Viertel Rotwein vom Winzer persönlich vorbeigebracht werden müsste!

Wenn aber der Anbieter großer Datenmengen es vermeidet, die persönliche Zurverfügungstellung der Filme per DVD's über den Einzelhandel anzubieten (bzw. sich auf diesen Weg zu beschränken), brauchen wir uns über die verstopften Leitungen nicht zu wundern. Darum ist es nur gerecht, dass die großen Internetgiganten auch die Kosten für die Anlieferung ihrer Ware übernehmen. Diese können Sie dann auf den Preis aufschlagen - so wie es auch bei einer "körperlichen" Lieferung per DVD erfolgen würde.

Aber es ist wie in der Warenproduktion. Das wirtschaftliche Risiko der Lagerhaltung wird auf die Transportwege verlagert und die Kosten für ihre Unterhaltung soll die Allgemeinheit tragen. Die Inanspruchnahme einer Leistung wird völlig von den Kosten abgekoppelt.

Und noch ein gewichtiges Zitat aus dem Interview:

Wenn wir beispielsweise in Zukunft per Mobilfunk Autounfälle vermeiden wollen, muss die Information in Echtzeit ankommen. Oder nehmen Sie die Medizintechnik, auch hier geht die Entwicklung nur voran, wenn Informationen ohne Verzögerung ausgetauscht werden können.

Dem ist zuzustimmen. Es kann nicht sein, dass die modernen Lebensadern unserer Informationsgesellschaft verstopft werden durch die Unterhaltungsindustrie. Für die Nutzung dieser neuen Technologie brauchen wir endlich angemessene Regeln, die Angebot und Nachfrage wieder über den Preis regeln und so für einen wirtschaftlich sinnvollen Einsatz des Mediums Internet sorgen.

Eines darf aber nicht erfolgen, dass der Staat die Kosten für den Ausbau des Internets übernimmt und dem Bürger mit dem Steuerbescheid in Rechnung stellt.

Zur Kostengerechtigkeit sei hier auch noch auf unseren Alt-Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker hingewiesen, der da sagte:

"(...) noch immer muss die Allgemeinheit dort die Kosten tragen, wo der private Markt externe Folgen verursacht, die nicht im Preis enthalten sind. Das gesamtgesellschaftlich faire und schließlich auch das ökonomisch vernünftige Ziel ist es, dass die Preise selbst die ökologische Wahrheit sagen."

(Die Quelle finden Sie beim Thema Benzinpreise.)

03.01.2015 - überarbeitet am 29.01.2015


Forderung nach Gratis-W-Lan in den Städten

Unter der Überschrift "Städte verschleppen Gratis-W-Lan" berichtet die Rheinische Post über die unterschiedliche Haltung zur Einführung kostenloser Internetzugänge in den Städten.

Neben der in dem Artikel thematisierten Frage der sogenannten Störerhaftung erscheint es mir notwendig, dieses Projekte auch schon deshalb äußerst kritisch zu betrachten, weil es ebenfalls - wie im vorstehenden Artikel beschrieben - den Eindruck einer "kostenlosen" Leistung suggeriert, die letztlich die Netze belastet, ohne dass der tatsächliche Nutzer und Kostenverursacher dafür herangezogen wird. Die Kosten für das Herunterladen von Daten trägt der Eigner des Routers. Er trägt also ein doppeltes Risiko - das der Störerhaftung und der Kosten! Auch die Sicherheit dieser Netze steht doch auch noch auf dem Prüfstand.

Ob das all denen bewusst ist, die aus lauter Begeisterung für das Internet das Gratis-W-Lan fordern?

15.01.2015


Lage vor Ort

Über die Lage vor Ort informiert die Rheinische Post: "Diese Hotspots führen gratis ins Internet".

Und wer organisiert das alles? "In Langenfeld haben die Stadtwerke in Kooperation mit dem Marketing-Verbund Kommit bislang an der Markthalle, am Marktkarree und am Stadtwerke-Kundenzentrum Hotspots angebracht." So der Bericht. Ich will das jetzt nicht weiter kommentieren, aber auf meinen Bericht zu den Gaspreisen in Langenfeld verweisen. Da möge jeder selbst versuchen, das unter einen Hut zu bringen.

20.01.2015


Internet und mobiles Telefonieren für alle - möglichst billig

In der Rheinischen Post finden sich heute folgende Berichte und Meinungsäußerungen:

Mir fällt dazu nichts anderes ein, als auf meine vorstehenden Ausführungen zu verweisen, oder den Vorschlag zu unterbreiten, in ganz Europa nur noch einen Fahrzeugtyp zuzulassen, mit dem sich alle Bürger mit gleicher Geschwindigkeit ohne gegenseitige Drängelei gleichförmig über die Straßen und Autobahnen bewegen.

Wer Leistungen unterschiedlicher Quantität und Qualität haben möchte, muss auch bereit sein, je nach Umfang und Wert der in Anspruch genommenen Leistung den gerechten Preis zu zahlen. Sonst bricht unser Gemeinwesen völlig auseinander!

28.10.2015


19.10.2016 - Rheinische Post:
"SPD will W-Lan-Gesetz nachbessern"

Zitat aus dem Bericht:

"So soll in einem neuen Gesetzentwurf geregelt werden, dass Betreiber unverschlüsselter Funknetze wie Hotels oder Cafés nicht mehr die Kosten für Abmahnungen tragen müssen, wenn ein Gast beispielsweise illegal Inhalte aus dem Internet herunterlädt. Zudem will Ressortchef Sigmar Gabriel (SPD) klarstellen, dass eine Zwangsverschlüsselung des Netzes unzulässig ist. (...)
Der netzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Klingbeil, unterstützt das Vorhaben. 'Abmahnkosten und Verschlüsselungspflichten dürfen nicht entstehen. Alle Hürden für freies W-Lan müssen weg', sagte Klingbeil."

Mit einer solchen Gesetzesänderung wird dem Internetbetrug Tür und Tor geöffnet, ohne dass es einen Weg gibt, diese Betrüger zu erfassen.

Ich nenne das staatliche Einladung zum Betrug. Das Internet verkommt zum Selbstbedienungsladen skrupelloser Gestalten.


Bitte lesen Sie auch weiter unter:
"Digitalisierung - Alle Folgen bedacht?"


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